Tierische Anekdoten aus dem Ökogarten Peine (Frau Gube erinnert sich)
Bodo das Einhorn
Bodo, ein „altes Leineschaf“, kam aus Hodenhagen. Ich wurde angerufen, ob wir nicht ein Schaf diese seltenen Rasse, die früher landschaftstypisch für den Raum Hannover war, aufnehmen könne. Es handelte sich um einen gekörten Zuchtbock, der nach 4 Jahren Zucheinsatz plötzlich Hörner schob, was nach der Rassevorschrift nicht erlaubt ist. Kein Schäfer wollte ihn, da Hörner an so einem großen Tier nicht immer vorteilhaft für die Halter werden kann. Nach seiner Kastration holte ich ihn mit unserem Tierhänger ab und war gespannt, was mich erwartete. Ich wurde in einen mit vielen Gitterwänden unterteilten Stall geführt, da Bodo bereits von seiner Herde getrennt war. In diesem Stall lebte aber auch ein Nashorn. Es stand gerade draußen in dem Freilauf. Irgendwann entdeckte es mich und kam prustend und schnaubend auf mich zugerannt. Dass diese massigen Tiere so schnell sein können. Ich vertaute den doch recht niedrigen Gitterstangen und der graue Koloss bremste wie ein Westernpferd auf dem Po rutschend kurz vor dem Gitterhindernis. Die Staubwolke kam nach. Dann hatten die Pfleger bereits Bodo durch das Stangenlabyrith zu mir getrieben. Aber wie sollte der große Schafbock jetzt in den Hänger gebracht werden? Ein Halsband gab es nicht und folgen würde er freiwillig sicher auch nicht. Die Lösung waren sechs Helfer, die ihn einkesselten und in der Wolle von allen Seiten festhielten. So „im Schlepptau“ wurde Bodo zum Hänger bugsiert und dann in die Seitentür hineingehoben. Ich machte mir jetzt schon Gedanken, wie ich ihn wieder hinaus und in unseren Schafauslauf geleiten sollte.
Die Fahrt verlief ruhig, Heu war genug im Hänger.
Im Ökogarten angekommen, fuhr ich den Hänger so dicht wie möglich an die Schleusentür zur Schafherde. Die Tiere blökten alle ganz neugierig und warteten auf Futter. Also brachte ich ihnen erst einmal Heu und achtete darauf, dass man die Gruppe von der Schleuse aus gut sehen konnte, in der Hoffnung, dass Bodo gleich zu seinen Artgenossen streben würde.
Die Tür der Schleuse war geöffnet, ich hatte noch einen Futtereimer zum Anlocken der Herde bereit und öffnete dann mutig die hintere Klappe des Hängers. Mit aufgestellten Paletten und Flatterband hatte ich den Weg für Bodo optisch etwas eingegrenzt.
Bodo schaute von seinem Heu auf und ging ganz langsam auf seine neue Herde zu, so als ob er den Weg kenne. Meine Sorgen waren überflüssig. Vor dem Eingang blieb der stehen, so dass ich die Schleuse hinter ihm schließen konnte und er durch das nächste Tor zum nächsten Heuberg gehen konnte. Es gab keine Unruhe, alle Tiere fraßen und machten dem großen, weißen Bodo respektvoll Platz, aber alles blieb ruhig.
So ist das auch heute noch. Bodo muss selten durch einen Kopfstoß seine Herrschaftsposition klarstellen. Menschen gegenüber ist er ebenso ruhig. Er stellt sich inzwischen direkt neben die Besucher und erwartet am Kinn gekrault zu werden.
Wegen seiner krummen Hörner, die klein und gebogen sind wie die der Milchkühe, wurde er von Kindern als Kuh „erkannt“. Und nachdem er eins seiner krummen Hörner am Zaun ausgerissen hatte, wurde er zu unserem „Einhorn“.